Kriechermüdung
Kriechen bezeichnet im Allgemeinen die plastischen Dehnungen in einem Material, die unter einer konstanten Last auch unterhalb der Streckgrenze auftreten. Werden die Spannungen im Werkstoff durch eine äussere Kraft hervorgerufen, führt das Kriechen bzw. die Retardation zu einer zunehmenden Verformung des Bauteils. Stammen sie hingegen von einer vorgegebenen Zwangsdeformation, nimmt die Spannung im Material ab, sie relaxiert, während die Form erhalten bleibt. Die Kriechneigung ist vom Werkstoff, der Zeit und der Temperatur abhängig.
Verändert sich die fürs Kriechen ursächliche Last periodisch und werden gleichzeitig einzelne Lastniveaus über eine ausreichend lange Zeit gehalten, führt dies zu wiederkehrenden Kriechdehnungen, die eine entsprechende Schädigung im Material, die Kriechermüdung, hervorrufen. Je nach Art der Belastung ist der Ausfallgrund ein Anriss bzw. Bruch oder eine unzulässig hohe Deformation.
Analog zur Bewertung der Kurzzeitfestigkeit oder der thermomechanischen Ermüdung muss auch bei der Kriechermüdung die Dehnungshistorie in der Simulation ausreichend gut erfasst werden. Da Kriechvorgänge verhältnismässig langsam ablaufen, muss für die numerische Bewertung ein entsprechend langer Zeithorizont betrachtet werden. Sind die Haltezeiten für einzelne Lastniveaus gross, stellt dies kein Problem dar, da mit entsprechend grossen Zeitschritten gerechnet werden kann. Fallen hingegen die Haltezeiten während der einzelnen Lastwechsel vergleichsweise kurz aus, müssen zwangsläufig viele Zyklen mit kleiner Schrittweite in der Simulation durchlaufen werden. Ein entsprechend hoher numerischer Aufwand ist die Konsequenz. Gleichzeitig steigt auch das Datenvolumen der anfallenden Ergebnisse an, so dass auch aus dieser Perspektive eine Bewertung der Kriechermüdung mit besonderen Anforderungen verbunden ist.